Der „UK Modern Slavery Act“

Einführung

Der UK Modern Slavery Act ist ein Gesetz, das der Bekämpfung moderner Sklaverei dient. Es verpflichtet Unternehmen einer bestimmten Größe, Berichte über die Risiken. moderner Sklaverei im Zusammenhang mit ihrer Geschäftstätigkeit zu veröffentlichen.

Hintergrund – Moderne Sklaverei

Sklaverei ist auch heute noch weit verbreitet. Nach Schätzungen der „International Labour Organisation„, einer Unterorganisation der Vereinten Nationen, waren 2017 ca. 40,3 Millionen Menschen Opfer moderner Sklaverei; rund 10 Millionen davon sind Kinder. Moderne Sklaverei gilt als einer der größten Geschäftsbereiche der organisierten Kriminalität, mit jährlichen Umsätzen von 150 Milliarden Dollar.

Es gibt verschiedene Formen moderner Sklaverei. Dazu gehören beispielsweise Zwangsarbeit, Schuldnerdienste, Menschenhandel, bestimmte Formen von Kinderarbeit und bestimmte Formen der Zwangsehe. Die verschiedenen Kategorien überschneiden sich; muss ein Kind arbeiten, um die Schulden seiner Eltern abzuzahlen, dann handelt es sich um Zwangsarbeit, Schuldnerdienste und Kindersklaverei. Die verschiedenen Kategorien dienen also weniger der trennscharfen Abgrenzung, sondern sollen dazu beitragen, das Phänomen Sklaverei greif- und darstellbar zu machen.

Andererseits sind viele der Begriffe, die im Zusammenhang mit moderner Sklaverei eine Rolle spielen, juristisch definiert und haben bestimmte rechtliche Konsequenzen. Beispielsweise ist es nach dem UK Modern Slavery Act, um den es hier geht, eine Straftat, Menschen in Zwangsarbeit zu halten. Hier ist es dann sehr wichtig, Zwangsarbeit genau zu definieren.

Moderne Sklaverei tritt praktisch in allen Ländern auf – auch in Europa, auch in demokratischen Ländern. Darüber hinaus profitieren Konsumenten in Industrieländern häufig (in aller Regel unwissentlich) von den Früchten moderner Sklaverei, weil viele Zulieferbetriebe großer Unternehmen Zwangsarbeit einsetzen. Der UK Modern Slavery Act ist ein Versuch, die moderne Sklaverei mit juristischen Mitteln einzudämmen. Er fügt sicht damit ein in eine Reihe von Gesetzen, die in verschiedenen Ländern mit dem Ziel der Bekämpfung der Sklaverei verabschiedet wurden, beispielsweise den australischen „Modern Slavery Act“ oder den kalifornischen „Transparency in Supply Chains Act“. Der „UK Modern Slavery Act“ trat 2015 in Kraft.

Große öffentliche Aufmerksamkeit hat dabei erfahren, dass das Gesetz Unternehmen einer bestimmten Größe verpflichtet, in einem öffentlich zugänglichen Bericht darzulegen, was sie gegen moderne Sklaverei in ihren eigenen Betrieben und in ihren Zulieferunternehmen unternehmen. Dies ist aber nur ein Aspekt des Gesetzes – und offenbar einer, der die großen Erwartungen nicht erfüllt hat (dazu unten).

Struktur des UK Modern Slavery Acts

Erster Teil – Straftaten

Das Gesetz ist in sieben Teile untergliedert. Im ersten Teil definiert das Gesetz vor allem die wichtigsten Straftaten und Begriffe: Sklaverei, Knechtschaft und Zwangsarbeit, Menschenhandel sowie den Begriff der Ausbeutung. Die Definition von Zwangsarbeit und Knechtschaft verweist dabei auf Art. 4 EMRK

Zweiter Teil – Anordnungen

Im zweiten Teil regelt das Gesetz gerichtliche Anordnungen („prevention orders) gegenüber Personen, bei denen die Gefahr besteht, dass sie bestimmte Straftaten begehen. Das Gericht kann ihnen unter bestimmten Voraussetzungen auferlegen, ein näher beschriebenes Verhalten zu unterlassen und bestimmte Pflichten zu erfüllen. Beispielsweise kann das Gericht der betroffenen Person Auslandsreisen untersagen oder ihr auferlegen, sich regelmäßig bei der Polizei zu melden.

Dritter Teil – Durchsetzung auf See

Der dritte Teil befasst sich mit der Durchsetzung des Gesetzes auf See.

Vierter Teil – Unabhängiger Anti-Sklaverei-Beauftragter

In seinem vierten Teil sieht das Gesetz die Ernennung eines Unabhängigen Anti-Sklaverei-Beauftragten („Anti-Slavery-Commissioner“) vor. Dieser hat die Aufgabe, die Verhinderung, Entdeckung, Ermittlung und Bestrafung von Zwangsarbeit und Menschenhandel zu fördern und die Identifizierung von Opfern zu unterstützen. Zu diesem Zweck führt er etwa Schulungen durch, veröffentlicht Informationsmaterial oder führt Studien durch. Der Unabhängige Anti-Sklaverei-Beauftragte berichtet jährlich über seine Arbeit und veröffentlicht Strategien.

Fünfter Teil – Opferschutz

Der fünfte Teil des Modern Slavery Acts hat den Schutz von Opfern zum Gegenstand. Hier sieht das Gesetz unter anderem vor, dass Opfern von Zwangsarbeit oder Menschenhandel, die als direkte Konsequenz ihrer Ausbeutung Straftaten begehen, als nicht schuldig behandelt werden. Außerdem geht es in diesem Teil um Maßnahmen des Zeugenschutzes im Strafverfahren für Opfer von Zwangsarbeit oder Menschenhandel und räumt ihnen ein Recht auf kostenlose rechtliche Unterstützung ein.

Sechster Teil – Transparenz in Lieferketten

Der sechste Teil befasst sich mit der Transparenz in Lieferketten. Diese Regelungen haben im Zusammenhang mit der Diskussion um Wirtschaft und Menschenrechte große Aufmerksamkeit erregt.

Unternehmen mit einem bestimmten Jahresumsatz, die im Vereinigten Königreich tätig sind, müssen eine Erklärung zu Sklaverei und Menschenhandel („Slavery and trafficking statement“) abgeben. Die Umsatzgrenze liegt bei 36 Millionen Pfund. Sie ergibt sich nicht direkt aus dem Gesetz, sondern wurde vom Innenminister aufgrund einer Ermächtigung im Modern Slavery Act festgelegt.

Die Erklärung soll Informationen enthalten über

  • die Struktur des Unternehmens und seine Lieferkette
  • seine Richtlinien bezüglich Sklaverei und Menschenhandel
  • seine Prozesse zur Verhinderung von Sklaverei und Menschenhandel
  • die Teile des Geschäftes, in denen die Gefahr von Sklaverei und Menschenhandel besteht und die Maßnahmen, die das Unternehmen ergriffen hat, um Sklaverei und Menschenhandel zu verhindern
  • Schulungen, die für Mitarbeiter des Unternehmens zum Thema Zwangsarbeit und Menschenhandel zur Verfügung stehen

Dies Erklärung muss auf der Webseite des Unternehmens veröffentlicht werden.

Siebter Teil – Verschiedenes

Der siebte Teil des Gesetzes trägt den Titel „Verschiedenes“ und enthält vor allem Definitionen verschiedener Rechtsbegriffe.

Bestandsaufnahme und Kritik

Kritik am Konzept des Gesetzes

Der UK Modern Slavery Act ist mit verschiedenen Argumenten kritisiert worden. Einerseits wurde geltend gemacht, dass das Gesetz sich zu sehr auf die strafrechtliche Ahnung von Zwangsarbeit und Menschenhandel konzentrierte und keine hinreichenden Maßnahmen zum Schutz der Opfer vorsehe. Auch wurde geltend gemacht, dass die juristische Verantwortung nicht weit genug gehe. So begründe das Gesetz keine Zuständigkeit britischer Gerichte für Akte moderner Sklaverei, die im Ausland begangen wurden. Damit sei ein besonders wichtiger Bereich ausgeklammert.

Berichtspflicht von Unternehmen

Im Hinblick auf die Berichtspflicht von Unternehmen machten Kritiker geltend, der Umfang dieser Pflicht sei nicht konkret genug gefasst. Unternehmen könnten grundsätzlich durch sehr oberflächliche Berichte dem Buchstaben des Gesetzes genüge tun, ohne sich substanziell mit den Risiken der Sklaverei in ihrer Lieferkette auseinanderzusetzen.

Eine erste Analyse aus dem Jahr 2017 von CORE, einem Verbund von Nichtregierungsorganisationen, die sich für Corparate Responsibility einsetzen, bestätigt diese Befürchtungen nur teilweise. CORE untersuchte in einer Studie die Berichte von 50 Unternehmen aus Branchen, die als besonders anfällig für Zwangsarbeit und Menschenhandel gelten. Die Studie “ Risk Averse: Company reporting on raw material under the Transparency in Supply Chains clause in the UK Modern Slavery Act 2015″ zu dem Ergebnis, dass zahlreiche Unternehmen über offensichtliche Risiken nicht berichteten. Die Studie hob aber auch mehrere positive Beispiele sorgfältiger Berichte hervor.

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