Das LkSG

Einführung

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) verpflichtet Unternehmen zu bestimmten Maßnahmen, um Verstöße gegen international anerkannte Menschenrechte und einige Übereinkommen zum Schutz der Umwelt zu vermeiden.

Es wird für die größten deutschen Unternehmen im Januar 2023 in Kraft treten. 2024 wird dann der Kreis der Unternehmen erweitert, für die das Gesetz gilt.

Das LkSG fügt sich ein in eine Reihe von Gesetzen auf internationaler Ebene, die Unternehmen Pflichten zum Schutz der Menschenrechte auferlegen. Es hat auch den Vorschlag für eine EU-Richtlinie zu Menschen- und umweltrechtlichen Sorgfaltspflichten von Unternehmen beeinflusst, den die EU-Kommission im Februar 2022 vorgestellt hat. Die vorgeschlagene Richtlinie geht jedoch in einigen Punkten noch über das LkSG hinaus.

Hintergrund des LkSG

Diskussion über menschenrechtliche Verantwortung von Unternehmen

Das LkSG war eines der umstrittensten Gesetze der vergangenen Legislaturperiode. Die Diskussion über das Gesetz spiegelte dabei eine Debatte wider, die seit langem auf internationaler Ebene stattgefunden hatte.

Menschenrechte werden traditionell als Rechte gegenüber dem Staat verstanden. Personen haben gegenüber dem Staat ein Recht darauf, dass dieser Menschenrechte achtet und gewährleistet. Privatpersonen oder Unternehmen sind dagegen nicht aus den Menschenrechten verpflichtet.

Allerdings haben de facto auch Unternehmen einen großen Einfluss darauf, inwieweit Menschen in den Genuss der Menschenrechte kommen. Viele Unternehmen sind einflussreiche "global players", deren Einfluss über den mancher Staaten hinausgeht. Durch Investitionsentscheidungen, durch die Arbeitsbedingungen die sie bieten und durch die Art, in der sie politische Entscheidungen beeinflussen haben sie großen Einfluss auf das Leben vieler Menschen. Deshalb gab es bereits in den siebziger Jahren eine Diskussion darüber, ob und wie die Auswirkungen unternehmerischen Handelns auf Menschenrechte und Umwelt reguliert werden sollten.

Dabei standen sich zwei Lager gegenüber: die einen setzten sich für verbindliche gesetzliche Regelungen der menschenrechtlichen Verantwortung von Unternehmen ein; andere wollten auf Selbstregulierung der Wirtschaft setzen. Eine Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen erarbeitete einen Entwurf für verbindliche Vorschriften, die die Auswirkungen der Aktivitäten von Unternehmen auf die Menschenrechte regeln sollten. Diese fanden aber nicht die Unterstützung der großen Industrienationen.

Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte

Dennoch blieb das Thema auf der Tagesordnung. Der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan ernannte einen Beauftragten, der sich mit den Folgen wirtschaftlichen Handelns für die Menschenrechte befassen und eine Bestandsaufnahme erstellen sollte. Dieser, der Politikwissenschaftler John Ruggie, entwickelte auf der Grundlage seiner Befunde zunächst das Rahmenwerk "Schützen, Achten, Zugang zu Abhilfe".

Die Arbeit Ruggies stieß auf positive Resonanz unter den Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen und sein Mandat wurde verlängert. Er führte umfangreiche Konsultationen mit Mitgliedern der Zivilgesellschaft und Vertretern der Wirtschaft durch. Diese mündeten schließlich in die UN Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Sie wurden ein international weitgehend anerkannter Referenzrahmen für die die Auswirkungen unternehmerischer Tätigkeit auf die Menschenrechte.

Die UN Leitprinzipien gliedern sich in drei Säulen. Jede dieser Säulen besteht aus einer Reihe von Prinzipien. 


Drei Säulen der UN-Leitprinzipien

Die erste Säule hat die Pflicht der Staaten zum Gegenstand, Menschenrechte zu schützen. Staaten sind danach rechtlich an Menschenrechte gebunden und müssen geeignete Maßnahmen treffen, um ihre Durchsetzung zu gewährleisten.

In der zweiten Säule geht es um die Pflicht von Unternehmen, Menschenrechte zu achten. Unternehmen sollen danach Menschenrechte respektieren. Sie sollen die Auswirkungen ihre Aktivitäten auf die Menschenrechte prüfen und diese Auswirkungen bei allen ihren Entscheidungen berücksichtigen. Sie sind aber nicht rechtlich an Menschenrechte gebunden und können nicht haftbar gemacht werden, wenn es im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit zu Verstößen gegen Menschenrechte kommt.

Die dritte Säule der UN Leitprinzipien befasst sich mit dem Zugang zu Abhilfe. Die UN Leitprinzipien wurden sowohl von Staaten als auch von Vertretern der Wirtschaft und teilweise der Zivilgesellschaft sehr positiv aufgenommen. Schon bald wie ich aber der anfängliche Enthusiasmus der Ernüchterung. Unternehmen setzten die UN Leitprinzipien nur zögerlich um und greifbare Resultate blieben großenteils aus.

Der "Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte" (NAP)

Dies führte dazu, dass die Diskussion über verbindliche Regeln wieder aufkeimte. Das war auch in Deutschland der Fall. Die Große Koalition vereinbarte 2014 im Koalitionsvertrag, zu evaluieren, inwieweit deutsche Unternehmen die UN Leitprinzipien umsetzten. Auf dieser Grundlage sollte dann die Entscheidung darüber erfolgen, ob eine verbindliche gesetzliche Regelung geschaffen werden sollte. Die Koalition verabschiedete zunächst den nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte (NAP). Dieser sah im Wesentlichen vor, das Unternehmen die UN Leitprinzipien umsetzen sollten. Insbesondere sollten Sie eine Risikoanalyse durchführen und eine Grundsatzerklärung zu den Menschenrechten abgeben, in der sie erläuterten, wie sie ihre menschenrechtlichen Obliegenheiten erfüllen. Die Evaluation ergab aber, dass nur ein geringer Prozentsatz der Unternehmen den Anforderungen des NAP entsprach. Dementsprechend begann die Regierung, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, mit der Vorbereitung eines Gesetzes zur menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflicht von Unternehmen. Die übliche Bezeichnung war dabei „Lieferkettengesetz“.

Die Diskussion über das "Lieferkettengesetz"

Die konkrete Ausgestaltung dieses Lieferkettengesetzes war jedoch sehr umstritten - sowohl in der generellen politischen Diskussion als auch innerhalb der Koalition. Die Debatte entzündete sich dabei unter anderem an der Frage, ob Unternehmen zivilrechtlich für Verstöße gegen Menschenrechte haften sollten. Darüber hinaus war umstritten, ob die Verantwortung der Unternehmen die gesamte Lieferkette umfassen sollte oder nur ihren eigenen Geschäftsbereich oder unmittelbare Zulieferer. Auch die Frage, ob das Gesetz durch Strafvorschriften durchgesetzt werden sollte, war umstritten.

Wirtschaftsverbände warnten, dass umfangreiche Pflichten Unternehmen zu stark belasten und sie im Wettbewerb gegenüber Mitbewerbern aus anderen Ländern benachteiligen könnten. Vertreter von Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaft und Kirchen fürchteten, dass das Gesetz ein stumpfes Schwert bleiben könnte. Nach verschiedenen Entwürfen verabschiedete der Bundestag schließlich im Juni 2021 das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Der Bundesrat erteilte seine Zustimmung.

Das LkSG im Überblick

Inhalt

Das LkSG verpflichtet Unternehmen, sicherzustellen, dass es in ihrer Lieferkette nicht zu Verletzung von Menschenrechten kommt. Die gleichen Pflichten treffen die Unternehmen im Bezug auf bestimmte Umweltstandards.

Anwendungsbereich des LkSG

Allerdings findet das Gesetz nur auf Unternehmen Anwendung, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Ab Januar 2023 ist das LkSG zunächst nur auf Unternehmen anwendbar, die regelmäßig 3000 Mitarbeiter oder mehr beschäftigen. Ab dem 01.01.2024 wird dieser Kreis erweitert auf alle Unternehmen, die mehr als 1000 Mitarbeiter beschäftigen.

Das Gesetz gilt zunächst für Unternehmen, die ihren Sitz in Deutschland haben und für ausländische Unternehmen, die in Deutschland eine Zweigniederlassung haben. Bei der Berechnung der Mitarbeiterzahl werden nur die Mitarbeiter in Deutschland berücksichtigt. Die Mitarbeiter innerhalb eines Konzerns werden zusammengerechnet. Sollte z.B. ein Unternehmen 2500 Mitarbeiter haben und darüber hinaus zweit Tochtergesellschaften mit jeweils 500 Beschäftigten, dann fällt es in den Anwendungsbereich des Gesetzes.

Diesen Unternehmen erlegt das Gesetz Sorgfaltspflichten auf. Allerdings ist davon auszugehen, dass die betroffenen Unternehmen die Pflichten an ihre Zulieferer weitergeben werden ("trickle-down-Effekt"), beispielsweise über vertragliche Verpflichtungen oder Verhaltenskodizes. Mittelbar wird das Gesetz daher noch viele andere Unternehmen treffen.

Geschützte Interessen

Kategorien von Interessen

Das Gesetz erlegt den betroffenen Unternehmen Pflichten in zwei Kategorien auf:

  • Pflichten bezüglich der Menschenrechte
  • Pflichten bezüglich der Umwelt

Unternehmen müssen Maßnahmen treffen, um Verstöße gegen bestimmte Menschenrechte und Umweltstandards zu vermeiden. Die Rechte, um die es dabei geht, listet das Gesetz in § 2 ausdrücklich auf. Darüber hinaus verweist es in einem Annex auf eine Reihe internationaler Verträge und Übereinkommen. Die beiden Bereiche überschneiden sich dabei. Die Rechte, die § 2 ausdrücklich nennt, ergeben sich aus den Verträgen und Übereinkommen, die im Anhang zum Gesetz genannt sind. Allerdings sind die Verträge, auf die der Anhang Bezug nimmt, weiter als die in § 2 genannten Rechte; sie garantieren also noch zusätzliche Rechte. 

Geschützte Menschenrechte

Allgemeines

Das Gesetz zählt die geschützten Menschenrechte in § 2 Abs. 2 auf. Darüber hinaus verweist es auf eine Reihe von internationalen Verträgen, die in einem Anhang zu dem Gesetz genannt sind. Die Rechte, die § 2 konkret benennt, stammen ebenfalls aus den internationalen Verträgen, die im Anhang des Gesetzes genannt sind. Sie werden im Gesetzestest nur noch einmal konkret benannt.

Die internationalen Verträge, die in dem Anhang zum Gesetz genannt sind, sind

  • die ILO-Kernarbeitsnormen
  • der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte
  • der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte
Die ILO-Kernarbeitsnormen

Die internationalen Verträge, die der Annex zum Gesetz aufzählt, sind zu einem großen Teil Verträge, die unter dem Dach der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) abgeschlossen worden sind. Die ILO ist eine internationale Organisation, die sich mit Rechten und Standards im Zusammenhang mit der Arbeit befasst. In der ILO sind sowohl Vertreter von Arbeitgeberverbänden als auch von Gewerkschaften und Regierungen vertreten.

Die Organisation wurde nach dem ersten Weltkrieg gegründet. Die Staaten, die über Nachkriegsordnung verhandelten, gingen davon aus, dass soziale Gerechtigkeit eine wichtige Voraussetzung für dauerhaften Frieden sein werde. Sie nahmen deshalb in den Vertrag von Versailles Regelungen über eine internationale Organisation auf, die sich mit Fragen des Arbeitslebens befassen sollte. Das war die Geburtsstunde der ILO. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die ILO unter das Dach der UNO gebracht.

Grundsätzlich erfolgt die Setzung von Standards betreffend das Arbeitsleben durch die ILO wie folgt: Die ILO erarbeitet Texte für Übereinkommen. Dazu findet ein langer Konsultationsprozess statt. Schließlich können Staaten entscheiden, ob sie das Übereinkommen unterschreiben und ratifizieren. Wenn sie das tun, ist das entsprechende Übereinkommen für diese Staaten rechtlich verbindlich. Sie müssen dann Maßnahmen ergreifen, um das Übereinkommen umzusetzen. Dazu gehört vor allem die Anpassung der nationalen Gesetze in einer Form, die dem Übereinkommen zur Wirksamkeit verhilft. Sie berichten der ILO über die Maßnahmen, die sie getroffen haben.


ILO-Kernarbeitsnormen


Video: Die ILO-Kernarbeitsnormen

Der "Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte" und der "Internationale Pakt über wirtschaftlichen, soziale und kulturelle Rechte"

Darüber hinaus nennt die Anlage zum Gesetz noch Verträge, die unter dem Dach der UN geschlossen worden sind. Dies sind der "Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte" und der "Internationale Pakt über wirtschaftliche soziale und kulturelle Rechte". Der "Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte" enthält klassische Freiheitsrechte wie die Meinungsfreiheit, die Versammlungsfreiheit, das Recht auf Leben, das Folterverbot und das Verbot der Diskriminierung. Der internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte enthält Rechte wie das Recht auf angemessene Arbeitsbedingungen und Rechte verbunden mit sozialer Sicherheit.

Verbot der Kinderarbeit

Das Gesetz nennt als geschütztes Interesse das Verbot der Kinderarbeit. Dabei geht es zunächst um das Verbot der Beschäftigung unter dem gesetzlichen Mindestalter. Es gehört zum Wesen der Kinderarbeit, dass sie Kinder der Möglichkeit beraubt, eine Schulausbildung zu durchlaufen. Die ILO hat deshalb in einem Übereinkommen bestimmte Altersgrenzen festgesetzt, die Kinder erreichen müssen, bevor sie arbeiten können. Die allgemeine Regel ist, dass Kinder mindestens 15 Jahre alt sein müssen, um zu arbeiten. Es gibt hier allerdings bestimmte Ausnahmeregelungen.

Darüber hinaus bezieht sich das Gesetz auf die schlimmsten Formen der Kinderarbeit. Dabei geht es um Arten von Arbeit, die für Kinder schlechthin verboten sind. Kinder sind dabei definiert als Personen unter 18 Jahren. Hierzu gehören beispielsweise Zwangsarbeit, Prostitution oder die Beschäftigung zu illegalen Tätigkeiten.

Verbot der Zwangsarbeit

Weiterhin nennt das Gesetz als geschütztes Interesse das Verbot der Zwangsarbeit. Unter Zwangsarbeit fällt dabei jede Arbeitsleistung oder Dienstleistung, die von einer Person unter Androhung von Strafe verlangt wird und für die sie sich nicht freiwillig zur Verfügung gestellt hat, etwa in Folge von Schuldknechtschaft oder Menschenhandels.

Explizit von der Zwangsarbeit ausgenommen werden Arbeits- oder Dienstleistungen, die mit Übereinkommen Nr. 29 der ILO über Zwangs- und Pflichtarbeit oder mit dem IPbpR vereinbar sind.

Verbot der Sklaverei und sklavereiähnlicher Praktiken

Das Verbot der Sklaverei und sklavereiähnlicher Praktiken meint alle Formen, der Herrschaftsausübung oder Unterdrückung im Umfeld der Arbeitsstätte, etwa durch extreme wirtschaftliche oder sexuelle Ausbeutung und Erniedrigungen.

Gewerkschaftsfreiheit

Das Verbot der Missachtung der Koalitionsfreiheit umfasst die Rechte der Arbeitnehmer sich frei zu Gewerkschaften zusammenzuschließen und schützt auch das Recht diesen beitreten zu können.

Ferner stellt das LkSG klar, dass die Gründung, der Beitritt und die Mitgliedschaft zu einer Gewerkschaft nicht als Grund für ungerechtfertigte Diskriminierungen oder Vergeltungsmaßnahmen genutzt werden dürfen. Weiterhin wird die freie Betätigung der Gewerkschaften in Übereinstimmung mit dem Recht des Beschäftigungsortes geschützt. Dies beinhaltet z.B. das Streikrecht und das Recht auf Kollektivverhandlungen.

Diskriminierungsverbot

Das Verbot der Ungleichbehandlung in Beschäftigungsverhältnissen, schützt Arbeitnehmer vor Diskriminierungen etwa aufgrund von nationaler und ethnischer Abstammung, sozialer Herkunft, Gesundheitsstatus, Behinderung, sexueller Orientierung, Alter, Geschlecht, politischer Meinung, Weltanschauung oder Religion, soweit diese nicht in den Erfordernissen der Beschäftigung begründet ist. Insbesondere soll die Zahlung ungleichen Entgelts für gleichwertige Arbeit erfasst werden.

Geschützte Umweltinteressen

Bei den umweltrechtlichen Pflichten geht das Gesetz ähnlich vor wie bei den menschenrechtlichen Verpflichtungen. Die genannten Rechte sind allerdings deutlich weniger umfangreich als im Bereich der Menschenrechte. Insbesondere geht es um bestimmte Formen der Abfallbeseitigung und um Übereinkommen über die Verwendung von Quecksilber.

Pflichten der Unternehmen nach dem LkSG

Die Pflichten des LkSG im Überblick

Das LKSG erlegt den betroffenen Unternehmen weitreichende Pflichten zum Schutz der Menschenrechte und der Umwelt auf. Im Überblick sind dies die folgenden:

  • Einrichtung eines Risikomanagements
  • Festlegung der Zuständigkeiten für das LKSG innerhalb des Unternehmens
  • Durchführung einer Risikoanalyse
  • Abgabe einer Grundsatzerklärung
  • Implementierung von Präventionsmaßnahmen zur Verhinderung von Schäden und Milderung von Risiken
  • Durchführung von Abhilfemaßnahmen bei Verwirklichung des Risikos
  • Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens
  • Dokumentation der Pflichterfüllung
  • Erstattung eines öffentlich zugänglichen Berichts über Pflichterfüllung


Allgemeines zu den Pflichten

Reichweite

Die Sorgfaltspflichten beziehen sich grundsätzlich nicht auf die gesamte Lieferkette, sondern auf den eigenen Geschäftsbereich und Unternehmen, mit denen das Unternehmen in direkter Geschäftsbeziehung steht (beispielsweise unmittelbare Zulieferer).

Die Verantwortung wird allerdings ausgedehnt, wenn Unternehmen Kenntnis davon erlangen, dass es an anderer Stelle in ihrer Lieferkette zur Verletzung von Menschenrechten oder Umweltstandards kommt. In diesem Fall erstrecken sie sich dann auch auf den Bestandteil der Lieferkette, in dem es zu der Verletzung gekommen ist. Die Intention des Gesetzgebers dahinter war es, zu berücksichtigen, dass es für Unternehmen sehr schwer sein kann ihre gesamte Lieferkette zu überschauen und darauf zu überprüfen, ob es zu Verletzungen kommt. Große Unternehmen haben zum Teil Zehntausende von Zulieferern. Nach Auffassung des Gesetzgebers ist es praktikable, all diese Zulieferer kontinuierlich zu überwachen. Daher ist die Verantwortung beschränkt.

Sollte ein Unternehmen allerdings positive Kenntnis davon erlangen, dass es zu Verletzungen innerhalb seiner Lieferkette gekommen ist, dann ist es ihm auch zuzumuten, aktiv zu werden. 

Bemühenspflichten

Die Pflichten, die Unternehmen treffen, sind grundsätzlich als Bemühenspflichten ausgelegt. Das bedeutet, dass Unternehmen abverlangt wird, Maßnahmen zu ergreifen, die Verletzung von Menschenrechten und Umweltstandards zu verhindern. Sie sind aber nicht für den Erfolg dieser Maßnahmen verantwortlich.

Mit anderen Worten: Wenn es zur Verletzung von Menschenrechten und Umweltrechten im eigenen Geschäftsbereich eines Unternehmens oder bei einem direkten Zulieferer kommt, bedeutet dies nicht automatisch, dass das Unternehmen seine Pflichten nach dem LkSG verletzt hätte.

Der Gedanke dahinter ist, dass so viele Menschen von der Geschäftstätigkeit eines Unternehmens betroffen sein können, dass sich Verletzungen von Menschenrechten nicht immer verhindern lassen. Unternehmen werden daher daran gemessen, ob sie ihr Bestes getan haben, um dies zu verhindern .

Angemessene Umsetzung der Plichten nach dem LkSG

Zur Einhaltung der Sorgfaltspflichten müssen die Unternehmen das tun was "angemessen" ist. Sie müssen beispielsweise eine "angemessene" Risikoanalyse durchführen müssen, um mögliche Verletzungen zu identifizieren. Das Gebot der Angemessenheit gilt für alle Pflichte, die das LkSG statuiert.

Was "angemessen" ist, definiert das Gesetz nicht klar. Es benennt lediglich Kriterien, helfen sollen, zu bestimmen, was angemessen ist . Dazu zählen beispielsweise die Größe und die Finanzkraft des Unternehmens.

Dies erschwert die Umsetzung des LkSG. Allerdings hat das Erfordernis der Angemessenheit durchaus seinen Sinn. DAs LkSG findet auf Unternehmen unterschiedlicher Größe Anwendung. Die Beschränkung der Pflichten aus das angemessene Maß stellt sicher, dass nicht vergleichsweise kleinen Unternehmen die gleichen Pflichten auferlegt werden wie Großkonzernen - und dass andererseits Großunternehmen es sich nicht zu leicht machen können.

Ein Weltkonzern hat eben mehr Einfluss und größere Möglichkeiten als ein Mittelständler und muss diese auch nutzen. Gleichzeitig wäre es widersinnig, besagtem Mittelständler das gleiche Pflichtenprogramm aufzuerlegen wie dem Großunternehmen.

Festlegung der Zuständigkeiten

Bestimmung zuständiger Personen

Unternehmen, auf die das LkSG anwendbar ist, müssen festlegen, wer innerhalb des Unternehmens dafür zuständig ist, das Risikomanagement zu überwachen. Ein Verstoß gegen diese Pflicht ist eine Ordnungswidrigkeit, die mit erheblichen Bußgeldern geahndet werden kann. Das Gesetz erläutert die Anforderungen an die Festlegung der Zuständigkeit nicht näher (abgesehen von dem Hinweis auf die Ernennung eines Menschenrechtsbeauftragten). Meines Erachtens geht es bei der Vorschrift darum, dass sichergestellt ist, dass die Beachtung des LkSG in die Arbeitsabläufe des Unternehmens eingebettet ist. Die menschenrechtlichen Pflichten des  Unternehmens sollen nicht nur eine Rolle spielen, wenn das Unternehmen seinen Berichtspflichten nachkommt (dazu unten) oder Gegenstand wolkiger Ankündigungen im Rahmen der CSR-Bemühungen. Sie sollen gelebte Praxis sein. Dazu gehört es, dass es innerhalb des  Unternehmens Mitarbeiter gibt, die sich um die Berücksichtigung des Gesetzes kümmern.

Der Menschenrechtsbeauftragte

Das Gesetz nennt als Beispiel für die Festlegung der Zuständigkeiten die Ernennung eines Menschenrechtsbeauftragten. Diese Ernennung ist nach dem Gesetz also nicht zwingend. Sie ist dennoch dringend zu empfehlen. 

Das Gesetz macht keine Angaben zur Ausgestaltung der Position des Menschenrechtsbeauftragten. In der juristischen Literatur haben sich bislang drei Auffassungen zur Ausgestaltung der Stelle herauskristallisiert:

  • nach einer Auffassung hat der Menschenrechtsbeauftragte im Wesentlichen eine Kontrollfunktion. Hierfür spricht, dass nach dem Wortlaut des Gesetzes der Menschenrechtsbeauftragte die Aufgabe hat, das Risikomanagement zu "überwachen". Das spricht dafür, den Menschenrechtsbeauftragten nicht in die eigentliche Umsetzung des LkSG einzubinden. Denn es wäre ein Interessenkonflikt, wenn er einerseits für die Umsetzung des Gesetzes im Unternehmen zuständig wäre und andererseits diese Umsetzung kontrollieren sollte. Er müsste sich dann gewissermaßen selbst überwachen. Daraus folgt nach dieser Auffassung für die Umsetzung des LkSG im  Unternehmen eine duale Struktur. Bestimmte Mitarbeiter planen die Umsetzung und der Menschenrechtsbeauftragte kontrolliert, ob dies in angemessener Weise geschieht.
  • andere weisen darauf hin, dass es "Beauftragte" noch in anderen Gesetzen gibt. Das wohl bekannteste Beispiel ist der Datenschutzbeauftragte; weiter Beispiele wären der Immissionsschutzbeauftragte oder der Gefahrgutbeauftragte, um nur einige zu nennen. Diese Beauftragten zeichnen sich jeweils durch eine bestimmte Unabhängigkeit gegenüber der Geschäftsführung aus. Sie sind in Bereichen ihrer Tätigkeit weisungsfrei und genießen in bestimmtem Umfang Kündigungsschutz. Einige Stimmen in der juristischen Literatur wollen dem Menschenrechtsbeauftragten eine ähnliche Stellung einräumen.
  • nach einer dritten Ansicht genießen Unternehmen einen weitgehenden Spielraum bei der Ausgestaltung der Position. Diese Auffassung halte ich für die überzeugendste. Das LkSG lehnt sich an die UN-Leitprinzipien an. Diese verlangen, dass die Berücksichtigung menschenrechtlicher Belange in die Geschäftsabläufe integriert ist. Die Ernennung eines Menschenrechtsbeauftragten ist aus meiner Sicht ein Weg, dies zu gewährleisten. Vor dem Hintergrund dieses Zweckes muss die Rolle des Menschenrechtsbeauftragten gesehen werden. Dies spricht aus meiner Sicht gegen eine reine Kontrollfunktion. Vielmehr können Unternehmen die Position so ausgestalten, wie es aus ihrer Sicht der Einbindung in die Kontrollabläufe am dienlichsten ist. Dies kann beispielsweise auch die interne Beratung von Mitarbeitern bei Fragen mit Bezug zum LkSG, die Durchführung interner Schulungen, die Bearbeitung von Beschwerden nach dem Beschwerdesystem oder die Beteiligung and Dialogen mit betroffenen Personen ("stakeholder dialogues") zum Gegenstand haben.


Video: Der Menschenrechtsbeauftragte nach dem LkSG


Was sie jedoch tun müssen, ist, klar festzulegen, in wessen Verantwortungsbereich die Umsetzung des LkSG fällt und die zu dokumentieren. Verstöße gegen diese Pflicht sind eine Ordnungswidrigkeit und können mit erheblichen Bußgeldern geahndet werden.

Unternehmen müssen sicherstellen, dass die verantwortlichen Personen mindestens einmal im Jahr an die Geschäftsleitung berichten.

Es empfiehlt sich für Unternehmen, die betreffenden Personen zu schulen, damit sie ihre Aufgabe auch erfüllen können. Dies liegt im eigenen Interesse der Unternehmen, denn wenn das LkSG nicht richtig umgesetzt wird, drohen Bußgelder, behördliche Zwangsmaßnahmen und Reputationsschäden.

Risikoanalyse nach dem LkSG

Die Unternehmen, die das LkSG erfasst, müssen eine Risikoanalyse durchführen. Das bedeutet, dass sie sich einen Überblick darüber verschaffen müssen, welche menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken es in ihrem Geschäftsbereich und bei unmittelbaren Zulieferern gibt.

Ein wichtiger Schritt hierbei ist es, sich zunächst einen Überblick darüber zu verschaffen, in welchen Bereichen ein Unternehmen aktiv ist - also welche Güter es herstellt oder vertreibt oder welche Leistungen es erbringt. Darüber hinaus sollten Unternehmen feststellen, in welchen Ländern und Regionen sie aktiv sind. Auch sollten sie feststellen, wer ihre direkten Zulieferer sind und wo diese aktiv sind.

Auf dieser Grundlage können die Unternehmen dann eine erste Einschätzung der Risiken vornehmen. Die Geschäftsbereiche und Regionen, in denen sie aktiv sind, sind dabei wichtige Faktoren. Bestimmte Menschenrechtsverletzungen kommen in einigen Branchen öfter vor als in anderen. Beispielsweise gibt es im Textilbereich, in der Landwirtschaft oder im Bergbausektor ein erhöhtes Risiko von Kinderarbeit, während mit der Tätigkeit von Technologieunternehmen eher Risiken für das Recht auf Privatleben verbunden sein können.

Darüber hinaus kommen beispielsweise Kinder- oder Zwangsarbeit in einigen Regionen öfter vor als in anderen.

Sowohl die Branche als auch die Region sind natürlich nur Faktoren, die Anlass zu besonderer Aufmerksamkeit geben. Einerseits können Menschenrechtsverletzungen außerhalb dieser Branchen oder Gegenden erfolgen; andererseits ist auch eine "saubere" Produktion dort möglich. Es geht hier eher darum, ein Bewusstsein für bestimmte Problem zu entwickeln.

Auf Grundlage der ersten Risikoeinschätzung können dies Risiken dann priorisiert und gewichtet werden. Das bedeutet, dass Unternehmen diejenigen Risiken ermitteln, die besonders gravierend sind. Solche Risiken können die Unternehmen dann genauer analysieren.

Präventionsmaßnahmen

Wenn Unternehmen eine Risikoanalyse zur Identifizierung besonders gefährdeter Bereiche in der Lieferkette durchgeführt haben, müssen sie auf dieser Grundlage Präventionsmaßnahmen treffen. Dies kann beispielsweise durch vertragliche Regelungen mit Zulieferern oder durch Schulungen erfolgen, die Mitarbeitern ein besseres Gespür dafür geben sollen, welche menschen- und umweltrechtlichen Risiken mit ihrer Tätigkeit verbunden sind.

Darüber hinaus müssen Unternehmen Abhilfemaßnahmen treffen, wenn es in ihrem Geschäftsbereich oder bei einem unmittelbaren Zulieferer zu Verstößen gegen Sorgfaltspflichten gekommen ist. Wie genau diese Abhilfemaßnahmen aussehen sollen, hängt dabei stark vom Einzelfall ab und auch davon welche Möglichkeiten das Unternehmen hat.

Außerdem müssen Unternehmen einen Beschwerdemechanismus einführen. Das bedeutet, dass sie eine Möglichkeit schaffen müssen, durch die Opfer von Menschenrechts- oder Umweltrechtsverletzungen dies bei dem jeweiligen Unternehmen vorbringen können.

Schlussendlich sind Unternehmen noch dazu verpflichtet ihre Aktivitäten und Bemühungen zu dokumentieren und öffentlich Bericht darüber zu erstatten. Dies ist aus Transparenzgründen erforderlich. Verbraucher und Mitbewerber sollen in der Lage sein herauszufinden, wie genau die betroffenen Unternehmen ihren Sorgfaltspflichten genüge tun. 

Beschwerdeverfahren

Darüber hinaus sind Unternehmen verpflichtet, ein Beschwerdeverfahren entlang ihrer Lieferkette einzurichten.

Video: Das Beschwerdeverfahren nach dem LkSG


Behördliche Kontrolle

Für die behördliche Überwachung der Umsetzung des LkSG, durch die in den Anwendungsbereich fallenden Unternehmen, ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zuständig. Unternehmen müssen ihre Berichte bei der Behörde einreichen, welche dann überprüft, ob die Unternehmen ihren Pflichten hinreichend nachgekommen sind. Ferner können Personen, die durch Aktivitäten eines Unternehmens in ihren Rechten verletzt sind dies der Behörde melden. Für Verstöße gegen das LkSG können erhebliche Bußgelder entweder gegen Unternehmen oder direkt gegen verantwortliche Personen verhängt werden.

Video: Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)